Lichtmüll lässt sich nicht sammeln — aber abschalten
Die Autorin
Sarah Köngeter vom Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen
Ausgangspunkt des Projekts waren Messungen der Himmelshelligkeit im Pfälzerwald durch eine Studentengruppe der TU Kaiserslautern. Mit den Messungen konnte belegt werden, dass der Pfälzerwald noch weitestgehend intakte Nachtlandschaften aufweist. Diese intakten Nachtlandschaften zu erhalten und vor Lichtverschmutzung zu schützen, ist essenziell für die Umwelt und den Menschen. Dabei bedeutet Lichtverschmutzung nichts anderes als die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen, wie beispielsweise Straßenbeleuchtung, Industriegebiete oder private Gartenbeleuchtung. Lichtverschmutzung kann zum Beispiel durch nicht abgeschirmte Leuchten, die nach oben hin strahlen aber auch durch ungünstige Lichtfarben, (kaltweißes Licht mit hohen Blauanteilen über 3 000 Kelvin) verursacht werden, welches stärker in der Atmosphäre streut. Auch Licht, das nachts brennt, ohne wirklich gebraucht zu werden, ist problematisch.
Künstliches Licht bedeutet Stress für die Ökosysteme
Lichtverschmutzung ist aus verschiedenen Gründen von Nachteil. So leiden unzählige Tierarten hierunter. Zugvögel kollidieren beispielsweise mit Gebäuden, die nachts beleuchtet sind oder verlieren die Orientierung und kommen von ihren Zugrouten ab, was mit einem hohen Energieverlust einhergeht und bis zum Tod führen kann. Auch Insekten sind massiv von der Lichtverschmutzung betroffen. Besonders kaltweißes Licht wirkt auf sie anziehend. Das Ergebnis ist der sogenannte Staubsaugereffekt: das massenhafte Umkreisen einer Lichtquelle durch unzählige Insekten, das oft im Verbrennen am Leuchtkörper oder in völliger Entkräftung endet. Diese Insekten fehlen bei der Bestäubung von Pflanzen, darunter auch Nutzpflanzen, die für die Ernährung von Menschen essenziell sind. Summiert man die Lichtquellen, die weltweit Lichtverschmutzung verursachen, wird deutlich, dass künstliches Licht ganze Tierpopulationen und damit Ökosysteme negativ beeinflussen kann.
Auch wir Menschen sind betroffen, denn unser Biorhythmus orientiert sich am natürlichen Wechsel von hell und dunkel. Künstliches Licht in der Nacht, zu einer Zeit, in der es natürlicherweise dunkel ist, hemmt die Entstehung des Hormons Melatonin, welches ausgeschüttet werden muss, damit wir gut schlafen können. Ein dauerhaft schlechter Schlaf kann Stoffwechselstörungen, aber auch die Entstehung bestimmter Krebsarten verursachen und sollte daher vermieden werden.
Ein letzter guter Grund für den Einsatz gegen Lichtverschmutzung ist die Energie- und CO2-Ersparnis, die diese mit sich bringt und die allein dadurch entsteht, dass künstliches Licht effizienter genutzt wird.
Kommunen brauchen Anreize, um intelligente Beleuchtungssysteme zu etablieren.
Um Lichtverschmutzung zu reduzieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wichtig ist, dass Licht nicht nach oben hin abstrahlt, also der Leuchtkörper entsprechend in der Leuchte montiert wird. Eine weitere Möglichkeit ist die Reduzierung von Lichtstärken und die Abschaltung der Straßenbeleuchtung während bestimmter Nachtzeiten. Die Verwendung von warmweißem Licht (weniger als 3 000 Kelvin) ist auch sinnvoll, da das Fehlen von Blauanteilen im Licht nachtaktive Tiere weniger stört und die Produktion des Melatonins weniger hemmt. Auf diese Aspekte sollte auch bei der Gartenbeleuchtung geachtet werden, da Gärten oftmals Refugien für Tiere wie Igel und unzählige Insekten sind, die durch künstliches Licht beeinträchtigt werden. Wichtig ist daher, das Licht im Garten nur dann einzuschalten, wenn es wirklich benötigt wird und bestenfalls auf Leuchtquellen zu verzichten, die die ganze Nacht oder einen Großteil der Nacht strahlen, aber von niemandem aktiv genutzt werden. Um hier ein Umdenken zu erreichen, wurden im Verlauf des Projekts Sternenpark Pfälzerwald vielfältige Veranstaltungen wie Beleuchtungsworkshops für Entscheidungsträger:innen sowie Vortragsreihen zum Thema Lichtverschmutzung und deren Auswirkungen angeboten, um für das Thema zu sensibilisieren. Ein zentraler Projektbaustein war die Schaffung des Zertifikats „Gemeinde unter den Sternen“. Das Zertifikat honoriert Gemeinden, die sich unter anderem durch die oben genannten Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung einsetzen. Die Gemeinde Rumbach hat bereits eine Auszeichnung erhalten, da zum Beispiel vermehrt warmweißes Licht verwendet wird und nahezu alle Straßenleuchten abgeschirmt wurden. Mit Maikammer und Annweiler gibt es zwei weitere Gemeinden, die aktiv auf eine Zertifizierung hinarbeiten, und auch in vielen anderen Orten wird zunehmend auf eine Reduzierung von künstlichem Licht in der Nacht hingearbeitet.
Ein erfreulicher Mehrwert zur Reduzierung der Lichtverschmutzung ist das touristische Potenzial weitestgehend intakter Nachtlandschaften, die den Blick auf die Milchstraße mit bloßem Auge ermöglichen. Viele lokale Astronomievereine schätzen die Nachtlandschaften im Pfälzerwald und auch Besucher:innen und Einwohner:innen lassen sich vom Sternhimmel begeistern. Um den Menschen im Pfälzerwald diesen näherzubringen, fanden bereits Fortbildungen für Landschaftsführende im Rahmen des Projekts statt,
sodass diese in Führungen für das Thema begeistern können. Als erster Anhaltspunkt für eine Führung kann der tagsüber begehbare Sternwandelweg, ein Rundweg in Lemberg mit zwölf Infotafeln rund um Projektthemen, dienen.